Keimlinge: So vermeidest Du Fehler
In den ersten Tagen nach der Keimung sind Pflanzen ganz besonders empfindlich und fragil. Daher benötigen sie viel Aufmerksamkeit, um sicher und gesund in die nächste Phase ihres Wachstumszyklus überzugehen. Es gilt vieles zu beachten, damit die Pflanzen sich gut entwickeln können und einen optimalen Start ins Leben haben. Denn auch nach der erfolgreichen Keimung ist die kritische Phase noch nicht vorbei. Ab jetzt gilt es, den Jungpflanzen genügend Licht, Wasser, Nährstoffe und Sauerstoff zur Verfügung zu stellen – doch der Unterschied zwischen “genau richtig” und “zu viel” ist in dieser Zeit noch sehr gering.
Aus diesem Grund beschäftigen wir uns in diesem Artikel mit dem Thema “Umgang mit Jungpflanzen” und ich erkläre, wie man seine kleinen Sprösslinge korrekt versorgt, ohne ihnen zu schaden.
Einsetzen der Keimlinge
Als Erstes stellt sich die Frage, in welches Behältnis der Keimling eingepflanzt werden soll. Dem voran sollte die Frage stehen: handelt es sich um eine photoperiodische oder eine automatisch-blühende Sorte? Bei einem “Automatic Strain” sollte man den Keimling direkt in den Endtopf einsetzen, in dem man die Pflanze aufziehen möchte. Das hat damit zu tun, dass diese Cannabis-Variation nur ein Ziel vor Augen haben: möglichst schnell zu wachsen und zu blühen. Aus diesem Grund ist jegliche Störung wie weiteres Umtopfen ein Stressfaktor, der sich auf die Gesundheit der Pflanze auswirken wird.
Handelt es sich jedoch um eine photoperiodische Sorte, können die Sprösslinge auch vor dem Einpflanzen in den Endtopf in Anzuchttöpfen hochgezogen werden. Entweder spezielle Anzuchttöpfe oder auch die weltbekannten “Red Cups” (roten Plastikbecher) aus Amerika – eine lichtdichte Alternativvariante funktioniert natürlich auch – sind für die Anzucht von Keimlingen geeignet. Die Pflanzen sollten jedoch nicht zu lange in diesen Anzuchtbehältern verweilen, da man sonst Probleme mit festgewachsenen oder kreisrunden Wurzeln beim Umtopfen bekommen wird. (mehr dazu im nächsten Newsletter)
Dünger vermeiden
Das Wichtigste zuerst: die Jungpflanzen, insbesondere solche, die gerade erst wenige Tage aus der Erde gekommen sind, sollten nicht gedüngt werden. In diesem zarten Alter sind die kleinen Pflanzen noch nicht wirklich in der Lage direkt zugeführte Nährstoffe zu verarbeiten. Das zeigt sich dann daran, dass ihre Blätter gelb werden und regelrecht von innen “verbrennen”. Auch wenn in manchen Foren oder Beiträgen zur Düngung ab dem Start geraten wird, ist das gerade für Anfänger keine sinnvolle Vorgehensweise. Lieber zu wenig als zuviel, denn mit normalen Wasser kann man nicht viel falsch machen.
Auch bei der Wahl der Erde sollte man darauf achten: einen Keimling, einen Samen oder auch eine wenige Tage alte Jungpflanze sollte man nicht direkt in vorgedüngte Erde stecken. Weder die Pflanze, noch die Wurzeln sind dazu bereit, die dort verfügbaren Nährstoffe zu verwerten. Aus diesem Grund sollte man nur leicht vorgedüngte oder komplett ungedüngte Anzuchterde oder Kokos-Substrat verwenden, um seinen Jungpflanzen einen möglichst stressfreien Start zu ermöglichen.
Ausnahme: Wurzelbooster
Eine kleine Ausnahme, die auch für Anfänger interessant ist, sind Wurzel-Booster. Es gibt sie in flüssiger sowie in Pulver-Form und sie tragen zu einem verbesserten Wurzelwachstum bei. Das kann tatsächlich auch in den ersten Tagen hilfreich sein – in angemessener Dosierung. Was viele nämlich nicht wissen: Ein Keimling beginnt nach dem Austreten aus der Erde zuerst mit dem Wurzelwachstum, was das obere Wachstum der Pflanze für einige Tage extrem langsam erscheinen lässt. Bekommen die Wurzeln also direkt zu Beginn einen kleinen “Boost” wird sich das Wurzelwachstum verbessern und sich nach wenigen Tagen in einem ebenso gesunden und rapiden Wachstum des oberirdischen Pflanzenteils sichtbar machen.
Temperatur
Die Cannabispflanze mag es in der Regel warm und gemütlich. Und das verhält sich auch zu Beginn ihres Lebenszyklus nicht anders: Grundsätzlich sollten für ein gesundes Wachstum der allermeisten Sorten Temperaturen zwischen 20 und 28 herrschen. Es gibt auch Ausnahmen, also bestimmte Kultivare, die besser bei 30 Grad oder andere, die erst unter 18 Grad ihr farbliches Potenzial ausschöpfen können. Doch insbesondere bei Jungpflanzen sollte man sich lieber an die oben genannten Werte halten oder sich einen Zwischenbereich zum Ziel setzen: ca. 23 bis 26 Grad. Besonders gut eignen sich auch Heizmatten, welche die Pflanzen und ihr Substrat von unten herauf aufwärmen – Wurzeln profitieren ebenfalls von einem Substrat mit der angegebenen Temperatur.
Luftfeuchtigkeit
Essenziell für ein gesundes Wachstum in den ersten Tagen und Wochen ist auch eine hohe Luftfeuchtigkeit. Diese sollte grundsätzlich einen Wert von ca. 60-70 % aufweisen. Der Grund dafür ist simpel. Da die Wurzeln noch nicht weit ausgebildet sind, fokussieren sie ihre Energie auf zwei Aufgaben: die Suche nach Wasser und Wachstum. Durch eine hohe Luftfeuchtigkeit ist es aber auch den Blättern möglich Wasser aufzunehmen und somit eine dieser Aufgaben miterledigen. Die Wurzeln können dann ihre Energie mehr auf das Wachstum lenken, welches sich kurz darauf auch im oberirdischen Teil der Pflanze bemerkbar machen wird.
Licht
Das Licht spielt bei der Entwicklung der Sprösslinge eine entscheidende Rolle. Auf der einen Seite sollte das Licht ausreichend oder das Maximum sein, das für die Photosynthese der Pflanze benötigt wird. Auf der anderen Seite sollte das Licht aber auch nicht so grell sein, dass es die Pflanze “verbrennt” oder Lichtstress erzeugt – denn insbesondere junge Pflanzen sind noch sehr anfällig für jegliche Art von Stress.
In der freien Natur ist das etwas anderes: Da die Pflanzen sofort mit dem Licht der Sonne aufwachsen, können sie dieses Licht auch verarbeiten. In einer Growbox sollte die Intensität der Lichtleistung allerdings niedrig gestartet und erst mit den kommenden Tagen und Wochen erhöht werden. Bei sehr jungen Keimlingen, die gerade einmal wenige Tage alt sind, empfiehlt sich eine Beleuchtungsintensität von 10 bis 25 % je nach Leistung der Lampe. Bei der Aufzucht werden häufig LED-Bars oder Leuchtstoffröhren genutzt. Die Dauer der Beleuchtung sollte 18 Stunden betragen.
Auch der Abstand der Lampe zu den kleinen Pflanzen sollte in der Anfangsphase sehr gering sein, um das Spargeln der Pflanzen zu vermeiden. Bei LED-Bars zur Anzucht kann ein sehr geringer Abstand von 10 bis 20 cm genutzt werden, bei richtigen (Vollspektrum-)Anbaulampen sollte mit einem Abstand von 30 cm begonnen werden.
Die weitverbreitete Meinung, dass zusätzliches blaues Licht das Wachstum der Pflanzen fördern könnte, ist bislang nicht konkret belegt worden. Gegenstimmen sagen, dass ein zusätzliches blaues Farbspektrum erst im kommerziellen Anbau sinnvoll sein kann, aber für den Homegrower keinen nennenswerten Nutzen bringt.
Wie geht es weiter?
Jetzt, da die Keimlinge ein neues Zuhause gefunden haben, kann das Wachstum ihrer Wurzeln endlich in vollen Zügen starten kann. Aus diesem Grund liegt das Thema meines nächsten Artikels unter der Erde – die Entstehung und Pflege des Wurzelwerkes. Zudem verrate ich noch einen kleinen, oft übersehenen Tipp, der bei spargelnden Pflanzen Wunder bewirken kann.
Geschrieben von Mr. Haze Amaze