Wenn Unternehmer über ihre Firmen schreiben, z.B. bei LinkedIn oder Instagram, dann sind das immer glänzende Stories oder irgendwelche seichten Life Advice- / Business-Stories.
Unsere Geschichte, die Grow Guru Story, passt da leider nicht wirklich rein.
Unsere Firma hat in ihrer mittlerweile 10-jährigen Geschichte einen anstrengenden Zickzack-Kurs zurückgelegt mit einem furiosen Roller Coaster-Ride in 2024, der uns zum Jahresende fast das Genick gebrochen hätte.
Ich hole mal etwas aus. Das ist die Geschichte von Grow Guru, aus meiner Perspektive:
2014-2022 Zickzack
Grow Guru ist im November 2014 an den Start gegangen. Die ersten 3 Jahre war Grow Guru ein Feierabendprojekt für mich. Erst seit 2017 ist das mein Haupt-Job.
Grow Guru hatte in 2017 nicht viel, aber reichlich Ambitionen. Grow Guru sollte nie ein Shop sein, Grow Guru sollte der beste Shop in dieser Branche werden.
Spoiler: an Ehrgeiz hat es nie gemangelt.
Unser erstes und größtes Projekt war, dass wir gern eine Kette von Ladengeschäften eröffnen wollten. Wir haben mit einem Shop in Karlsruhe angefangen.
Wir haben uns in 2017 die Shops angeschaut, die es zu der Zeit in Deutschland gab. Das waren meistens Shops in irgendwelchen Gewerbegebieten, im Hinterhof, 1x um die Ecke. Das sind keine Shops, in die Leute einfach so reinlaufen. Im Gegenteil: das sind Shops, bei denen es manche Menschen Überwindung kostet, einen Fuß hineinzusetzen. Deshalb haben wir es mit einem komplett anderen Konzept probiert. Wir sind in die Innenstadt gegangen. Wir wollten den Grow Shop bauen, den es nach der Legalisierung in jeder Stadt geben würde: hell, offen, modern, mit guter und freundlicher Beratung.
Unser Shop lief bis kurz vor Corona und hat - Überraschung, Überraschung - nicht gezündet. Die bodentiefen Schaufenster hat die interessanten Kunden eher abgeschreckt und Laufkunden in den Laden gebracht, die uns nur Zeit gekostet haben, aber keinen Umsatz gebracht haben. Zu wenig Anonymität, zu wenig Parkplätze vor der Tür waren die häufigsten Kritikpunkte der Kunden. Die Kunden wollten das, was sie schon kannten.
Grow Guru ist immer weiter gewachsen, aber wir haben einen Fehler immer wieder gemacht: wir haben zu viele Dinge gleichzeitig gemacht (Eigenmarken-Produkte, Videos, …). Wir haben viel zu viele Sachen angefangen und im Endeffekt nicht wirklich gut gemacht. Vielleicht schreibe ich irgendwann nochmal mehr dazu.
2022-2023 Identitäts-Krise: was genau ist eigentlich Grow Guru?
Nach 5 Jahren und unglaublich viel Arbeit waren unsere Zahlen weiterhin nicht da, wo sie sein sollten. Hier bin ich zum ersten Mal wirklich an meine Grenzen gekommen. Ich habe geackert und geackert und konnte und nachts nicht schlafen, weil ich nicht wusste, wovon ich am nächsten Tag die Gehälter bezahlen soll. Eine Kurs-Änderung war notwendig.
Wir haben begonnen uns auf das zu konzentrieren, was wir wirklich gut können, und nach und nach alles andere gestrichen. Das ist leichter gesagt als getan. Ein Teil vom Unternehmen abzuhacken, der 30% vom Umsatz bringt und an dem Mitarbeiter hängen, ist ein großer Schritt.
Aber wir haben gehackt. Es wäre auch nicht anders gegangen. Wir haben nach und nach alles gestrichen, bis auf den Onlinehandel. Wir haben auch viele Produkte gestrichen, die uns Schwierigkeiten gebracht haben.
Wir haben aber versucht zu bewahren und herauszuarbeiten, was der Kern der Firma ist. Wir wollten nie irgendeine Firma, nur um eine Firma zu haben. Grow Guru hat eine bestimmte Kultur. Wir haben besser verstanden, was uns ausmacht - und was nicht.
Von außen gesehen könnte man sagen: wir haben uns unternehmerisch 1x im Kreis gedreht. Mit dem Onlinehandel haben wir angefangen, dann viele Sachen ausprobiert und beim Onlinehandel sind wir am Ende wieder rausgekommen. Das war ein sehr, sehr teurer und anstrengender Trip.
Aber das Ergebnis fühlt sich gut an. Unser Onlineshop ist an vielen Stellen noch nicht da, wo wir hinwollen, aber wir sind näher am Soll-Zustand als jemals zuvor.
2024: das Jahr der Legalisierung „Das High“
Das Jahr hat für uns gut angefangen. Wir haben uns von vielen Dingen (und Personen) getrennt, hatten ein wenig Zeit um zu verschnaufen und unsere Wunden zu lecken.
Die Legalisierung war seit 1-2 Jahren ein Dauerthema. Aber es war einfach nichts klar. Von der Politik kamen nur neblige Aussagen, die in Summe zwar positiv geklungen haben, aber nur die Glücksritter haben daraufhin Geld gewettet.
Dass, wann und wie die Legalisierung kommt, war eigentlich erst wenige Wochen vor Termin klar und dann ist Gott und die Welt losgerannt und hat sich eingedeckt.
Wir wurden von einer Welle getroffen, die unsere kühnsten Erwartungen übertroffen hat. Als unser Tagesumsatz sich verzehnfacht hat, und die nicht lieferbaren Aufträge in die Hunderte gegangen sind, haben wir die Reißleine gezogen und den Shop dicht gemacht.
Wir haben alles Menschenmögliche getan, um diese Menge an Aufträgen abzuwickeln. Wir haben unser Lager ausgebaut und verdoppelt, wir haben Mitarbeiter eingestellt wie die die Bekloppten und ganze LKWs voll mit Ware bestellt, bei Lieferanten, bei denen wir davor 1 oder 2 Paletten bestellt haben.
Ich will nicht lügen: so viel Geld zu bewegen hat Spaß gemacht. Wir hatten erstmal eine sehr gute Zeit und wahrscheinlich die coolste Sommerparty, die man haben kann.
Aber trotz aller Bemühungen haben wir so viele Kunden enttäuscht wie nie zuvor. Wir haben alleine im Mai 2024 über 150.000 EUR an Kunden zurück erstattet. Wir haben in diesem Monat mehr Geld zurückgezahlt, als wir ein paar Monate davor in manchen Monaten an Umsatz hatten.
Es war irre. Abgesehen von dem finanziellen Schaden hinterlässt jeder Storno einen unzufriedenen Kunden und bei diesem Kunden entsteht ein Eindruck, von Grow Guru, der komplett anders ist als der Eindruck, den wir hinterlassen wollen. Grow Guru soll der beste Grow Shop in Deutschland sein und das waren wir vor allem zu der Zeit ganz und gar nicht.
Und dann gingen die Probleme weiter. Unsere Firma ist zu schnell zu groß geworden. In unserem Lager sind sich die Leute gegenseitig auf den Füßen rumgestanden. Wir haben ein besseres Lagerverwaltungssystem gebraucht, wussten das auch, aber hatten keine Zeit und keine Energie mehr. Wir haben es erst im Oktober geschafft, ein besseres System einzuführen.
Aber das größte Problem war: die Firma ist zu schnell zu unkontrolliert gewachsen und plötzlich hatten wir zu viele Leute, zu viel Ware auf Lager und zu wenig Geschäft.
Die Neueinsteiger hatten ihre Erstausstattung, der Markt war gesättigt. Uns ist das Geld ausgegangen. Aber diesmal hat sich das ganze auf einem Niveau abgespielt, auf dem ich nicht mal eben schnell meine Spardose plündern kann.
Es ging jetzt um höhere 6-stellige Beträge. Das hat uns alle an die Grenze gebracht.
Plot-Twist: Nach dem High kommt das Tief. „Fahrrad statt Porsche“
Uns sind die Möglichkeiten ausgegangen. Wir haben mehr als 1x daran gedacht, einfach aufzugeben. In so einer Situation ist es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen.
Die einzige Chance bestand für uns darin, zu versuchen, die Firma „gesund zu schrumpfen“. Und das haben wir getan. Unsere Firma war Zickzack gewohnt, aber das, was dann kam, hat alles übertroffen.
Wir haben alles, was wir in 2024 dazu gewonnen haben, wieder verloren und stehen heute mit weniger da, als wir Anfang 2024 hatten. Wir konnten nicht vom Jahr 2024 profitieren. Finanziell stehen wir heute schlechter da als Anfang 2024.
Gibt’s ein Happy End? Geht die Geschichte weiter?
Als ich in diese Branche gekommen bin, hab ich eine Sache früh gemerkt: ich fühle mich hier wohl. Der Grund sind die Menschen in dieser Branche. Die Menschen in dieser Branche sind interessanter. Und angenehmer. Und entspannter. Es ist ein bunter Haufen von Leuten und ich hatte den Eindruck, dass diese Leute näher an der Realität sind, als die Menschen, mit denen ich vorher zu tun hatte.
„ich“ zu schreiben ist ab hier eigentlich falsch. Hinter Grow Guru stehen schon seit einiger Zeit 2 Leute. Zwei Leute, die ziemlich verschieden sind und sich auf eine merkwürdige Weise dadurch ergänzen und eine Erfahrung teilen: man kann ohne Übertreibung sagen, dass wir zusammen durch die Hölle gegangen sind.
Wir zwei sind nicht allein. Nach all dem Hin und Her sind Mitarbeiter übrig geblieben, die unsere Vision teilen. Es gibt bei uns kein Happy End - denn es gibt es kein „End“. Wir wollen weitermachen. Wir wollen nirgendwo sonst lieber arbeiten als bei Grow Guru.
Und wir treffen jeden Tag auf Kunden, die uns verstehen. Growing ist eine Lebenseinstellung. Wir verstehen das.
Aber wir brauchen immer noch Hilfe. Wir brauchen immer noch Geld und wir brauchen jemand, der uns hilft, dass wir nie wieder in so eine finanzielle Situation geraten. Das darf nie wieder passieren. Aus dem Grund suchen wir im Moment einen Investor, der unsere Vision von Grow Guru versteht und teilt und uns hilft, zusammen den besten Grow Shop zu bauen, den es in Deutschland gibt. Denn das ist und war schon immer die Vision von Grow Guru.
Es ist mir eine Ehre, wenn Du diesen Beitrag bis hier gelesen hast.
Wenn Du über’s Geschäft reden willst, dann erreichst Du mich per E-Mail unter [email protected] oder unter:
https://www.linkedin.com/in/philipp-spannagel/