Ein Monat ohne Bubatz? Suchthilfe-Expertin im Interview

Ein Monat ohne Bubatz? Suchthilfe-Expertin im Interview

1. Persönlicher Einstieg:

  • Robert:
    Hallo Bettina! (Name von der Redaktion geändert) Schön, dass Du heute bei uns bist. Du bist selbst Cannabis-Konsumentin und baust zu Hause legal an. Wie kam es dazu, dass Du Dich auf Suchtthemen spezialisiert hast?
  • Bettina:
    Ich habe in meinem Studium mein Semesterpraktikum in der Drogenhilfe absolviert, das hat mein weiteres Interesse geweckt. Daraufhin habe ich mich weiter auf das Thema „Sucht“ spezialisiert und später meine Abschlussarbeit darüber geschrieben. Nach dem Studium habe ich dann in einer Suchtberatungsstelle angefangen.
  • Robert:
    Wie vereinst Du Deinen eigenen Konsum mit Deiner Arbeit als Sucht-Expertin? Gibt es da manchmal Vorurteile?
  • Bettina:
    Noch bevor Cannabis legal war habe ich schon schlechte Erfahrungen gemacht. In meiner alten Arbeitsstelle hat mein Arbeitgeber davon erfahren, dass ich gelegentlich einen Joint rauche und mich daraufhin unter Druck gesetzt zu kündigen. Seiner Meinung nach sei mein Verhalten nicht mit den „Werten des Trägers“ vereinbar. Während ich viel Unterstützung von meinen Arbeitskollegen erhielt, wurde mir der Druck dann dennoch zu groß und ich kündigte.
  • Robert:
    Wow, das ist eine wirklich traurige Geschichte. Zum Glück hat sich mit der Teil-Legalisierung in Deutschland der Wind ein wenig gedreht.
  • Bettina:
    Ja, viele Vorurteile sind spürbar gefallen. Ich merke das auch in meinem Kollegenkreis. Die Leute trauen sich, offener darüber zu sprechen.

2. Dry January und Cannabis-Pausen:

  • Robert:
    Dry January ist ja eigentlich für Alkohol bekannt. Wie siehst Du das Konzept in Bezug auf Cannabis? Macht eine Pause auch hier Sinn?"
  • Bettina:
    Auf jeden Fall! Sich mit seinem eigenen Konsummuster auseinander zu setzen hilft einem dabei, sich selbst besser kennen zu lernen. Außerdem wird während einer Cannabis-Pause THC in Deinem Körper abgebaut, sodass er anschließend wieder sensibler auf den Wirkstoff reagiert. Während der Abstinenz verbessern sich kognitive Fähigkeiten und das Reaktionsvermögen wird gesteigert. Viele erleben einen großen Zuwachs an Produktivität, der anfangs allerdings oft von Stimmungsschwankungen begleitet wird. Hier gilt es dann durchzuhalten.
  • Robert:
    Was sind die häufigsten Gründe, warum Menschen Schwierigkeiten haben, eine Cannabis-Pause durchzuziehen?
  • Bettina:
    Bei regelmäßigem Konsum sind die ersten Tage oftmals die schwierigsten. Viele berichten von Einschlafproblemen und einer allgemeinen Gereiztheit. In unserem hektischen Alltag müssen wir aber funktionieren, weshalb der Rückfall in das alte Konsummuster oft den Weg des geringsten Widerstands darstellt.
  • Robert:
    Also würdest Du sagen, der Endgegner bei einer Cannabis-Pause ist die eigene Routine?
  • Bettina:
    Vereinfacht ausgedrückt stimmt das.

3. Wie eine Pause angehen?

  • Robert:
    Wie kann man sich mental und praktisch auf eine Cannabis-Pause vorbereiten? Gibt es Dinge, die man im Vorfeld regeln sollte?
  • Bettina:
    Wichtig ist, dass man die eigenen Routinen beobachtet und analysiert: Wann kiffe ich? Zum Einschlafen? Vor dem Essen? Nach der Arbeit, oder evtl sogar vor der Arbeit? Je nachdem, wie mein Konsummuster aussieht, kann Cannabis unterschiedliche Funktionen für mich einnehmen. Vom „Runterbringer“ bis zum „Kreativ-macher“ erfüllt es verschiedene Rollen. Wenn ich also weiß, welchen Zweck Cannabis für mich erfüllt, kann ich mir auch Gedanken über mögliche Alternativen machen.
  • Robert:
    Welche Routinen oder Hobbys empfiehlst Du, um die Zeit, die man sonst mit Cannabis verbringt, sinnvoll zu füllen?
  • Bettina:
    Nichts wirklich Neues. Du hast von allem schon mal gehört: Freunde treffen, Sport machen, raus in die Natur und sich Auszeiten nehmen. Besonders hilfreich ist alles rund um’s Thema „Wellness“: Egal ob es ein ausgedehntes Bad zu Hause ist, oder ein Tag in der Sauna. Dadurch entdeckst Du mit der Zeit verschiedene Alternativen, die dich auch sehr entspannen oder anregen können – eben genau wie Cannabis. Wichtig ist, dass Du nicht gleich alles perfekt machen musst. Dranbleiben und Fehler machen ist immer besser als Aufgeben und nichts tun.
  • Robert:
    Wie kann man mit Freunden, Lebensgefährten oder Mitbewohnern umgehen, die weiterhin konsumieren, während man selbst eine Pause macht?
  • Bettina:
    Kommunikation und gegenseitiger Respekt sind das A und O. Sprich mit Deinen Mitmenschen über Dein Vorhaben, erkläre Ihnen warum Du eine Pause machst und wo Deine persönlichen Grenzen liegen. Durch gemeinsame Absprachen schafft ihr es sicherlich, die Harmonie aufrecht zu erhalten.

4. Bewusster Konsum:

  • Robert:
    Du baust – wie viele andere auch - Dein Cannabis selbst an. Wie verträgt sich das mit einer Cannabis-Pause? Lauert nicht stets die „Verführung“ im Zelt?
  • Bettina:
    Das hängt immer stark vom Konsumenten ab. Jeder nimmt die „Verführung“ unterschiedlich stark wahr. Während für einen Teil durch die Pflanzenpflege und den starken Geruch ein Trigger entsteht, der zu starkem Verlangen führt, nehmen andere die Situation gelassener wahr. Wenn Du also merkst, dass Dir das Pausieren besonders schwer fällt, während Du einen Grow hast, dann solltest Du Deine Weed-Pause eventuell sogar mit einer Growpause verknüpfen. Bei der Gelegenheit kann man auch sehr gut mal sein Equipment reinigen und neu sortieren.
  • Robert:
    Viele Menschen haben jetzt den Mut, Cannabis zu ersten Mal zu probieren. Wie erklärst Du jemandem, der noch nie Cannabis konsumiert hat, wie man einen bewussten und verantwortungsvollen Einstieg findet?
  • Bettina:
    Zuerst sollte man dafür sorgen, dass man genug Zeit hat, um diese Erfahrung zu machen. Soll heißen: Man braucht einen Zeitraum ohne Verpflichtungen, in dem man sich fallen lassen kann. Außerdem ist es von Vorteil, nicht gänzlich alleine zu konsumieren und einen Gesprächspartner zu haben. An die richtige Dosis sollte man sich vorsichtig herantasten, denn Menschen reagieren unterschiedlich auf THC.

5. Verabschiedung

  • Robert:
    Liebe Bettina, vielen Dank für das nette Interview! Vielleicht hilft es dem ein oder anderen dabei, seine Pause-Pläne besser in die Tat umzusetzen. Zum Schluss habe ich noch eine „Fun-Frage“ an Dich: Wenn Du eine Sorte kreieren könntest, wie würde sie heißen und welche Wirkung hätte sie?
  • Bettina:
    Puh, Du stellst Fragen… Also meine Sorte würde „Peppermint Cloud“ heißen und würde akut bei Migräneattacken helfen.
  • Robert:
    Coole Sorte! Die würde ich auch anbauen! Vielen Dank für Deine Zeit! Ciao!
  • Bettina:
    Gerne, immer wieder! Bye

Hast Du beim Dry January mitgemacht?
Wie denkst Du über Deinen Konsum nach?
Willst Du etwas verändern?
Wir sind gespannt auf Eure Erfahrungen.

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